Die Auswahl von neuen Mitarbeitenden gehört zum Alltag jedes Unternehmens dazu. Doch eine geeignete Person für eine offene Stelle zu finden, ist keine Leichtigkeit. Im Prozess der Personalauswahl gibt es Vieles zu beachten und leider auch falsch zu machen. Um Licht ins Dunkle zu bringen, führen wir mit diesem Blogbeitrag unsere Reihe „Personalauswahl – so geht’s richtig“ fort.
Aus unserem ersten Blogpost wissen wir bereits einiges über die Relevanz von Personalauswahl für Organisationen. Für diesen Blogeintrag haben wir uns erneut mit Prof. Bianca Ksienzyk-Kreuziger in unserem digitalen Büro getroffen, um nun über ganz konkrete Empfehlungen für die Praxis der Personalauswahl ins Gespräch zu kommen. Die Professorin für Psychologische Diagnostik und Intervention verfügt über 15 Jahre Berufserfahrung in der Eignungsdiagnostik. Sie beschäftigt sich insbesondere mit der Frage, unter welchen Bedingungen Menschen ihre Stärken am besten entwickeln können – auch am Arbeitsplatz. Darüber hinaus begleitet Sie verschiedenste Organisationen bei der Personalauswahl und ist als Coach tätig. Ihre Leidenschaft ist die Positive Psychologie, in der es um die wissenschaftliche Untersuchung der Grundlagen eines „guten Lebens“ geht.
Bianca, es freut mich sehr, Dich wieder bei uns begrüßen zu dürfen. Bei unserem letzten Interview hast Du erläutert, wieso Personalauswahl einen großen Einfluss auf den Erfolg von Organisationen hat. Kannst Du uns kurz skizzieren, was erfolgreiche Personalauswahl in den einzelnen Bereichen konkret ausmacht? Worauf ist aus deiner Sicht zu achten?
Erfolgreiche Personalauswahl beginnt mit einer sorgfältigen Anforderungsanalyse. Was soll der oder die zukünftige Stelleninhaber*in mitbringen? Da geht es einerseits um faktisch vorhandene Voraussetzungen wie eine Ausbildung oder ein Studium, die mitzubringen sind. Und andererseits geht es um persönliche Kompetenzen, z. B. Teamfähigkeit, Führungskompetenz u. a. Hier lohnt es sich, genau nachzudenken, was für ein erfolgreiches Agieren des*r Stelleninhabers*in nötig und was aber auch ggf. verzichtbar ist.
Wenn die Anforderungen geklärt sind, muss man überlegen, wie die Anforderungen diagnostisch gut abgebildet werden können. Diagnostisch heißt in diesem Kontext, dass klar sein muss, wie diese Anforderungen bestmöglich und genau gemessen werden können. Dabei kommen Testverfahren genauso in Betracht wie Interviews oder Arbeitsproben. Wichtig ist jedoch, dass man nur valide Verfahren einsetzt, d.h. Verfahren, die auch wirklich das abbilden, was ich messen will.
Im nächsten Schritt sollten idealerweise alle Kommissionsmitglieder hinsichtlich der Anwendung des Auswahlverfahrens geschult werden. Und dann kann es im Grunde losgehen, dass potenzieller Arbeitgeber*in und Bewerbende sich kennenlernen und die Passung zueinander prüfen können.
Die Basis bildet also eine Anforderungsanalyse und auf dieser Grundlage kann ein passendes Messinstrument gewählt werden. Wenn dieser Schritt gegangen ist, welche Tipps würdest Du Organisationen im Allgemeinen in Bezug auf erfolgreiche Personalauswahl geben?
Ich kann das gar nicht genug betonen: Eine solide Anforderungsanalyse ist das A und O einer gelungenen Personalauswahl, ebenso die Verwendung ausschließlich zuverlässiger und aussagekräftiger Auswahlinstrumente. Bei der Personalauswahl an diesen Stellen “zu sparen”, verursacht langfristig enorme Kosten. Das bedeutet auch, dass der zeitliche Aufwand eines professionellen Verfahrens nicht unterschätzt werden sollte. Organisationen sollten außerdem stets die Marketing-Wirkung ihrer Personalauswahl beachten. Welches Bild im Rahmen der Auswahl sowohl für die ausgewählten und als auch die abgelehnten Bewerbenden entsteht, hat einen starken Einfluss auf die Arbeitgeberattraktivität. Wer seine Organisation für die Zukunft gut aufstellen will, sollte deshalb unbedingt in eine professionelle Personalauswahl investieren.
Herzlichen Dank für deine Antworten, Bianca. Wir bei IMAP teilen deine Beobachtungen und Überlegungen. Einen Punkt würden wir gerne noch ergänzen.
Die Auswahl geeigneter Messinstrumente sollte wie gesagt nicht leichtfertig getroffen werden. In allen Fällen sollte man sich mit drei Begriffen vertraut machen, bevor man sich auf die Suche nach geeigneten Messinstrumenten macht: Validität, Reliabilität und Objektivität. Werden bestehende Testverfahren eingesetzt, sollten die Test-Beschreibungen mit Argusaugen gelesen werden. Was misst das Verfahren genau? Wie geht das Messverfahren vor? Wie lange dauert die Durchführung? Wie groß ist die Vergleichsgruppe und aus welchen Personengruppen besteht diese? Wenn diese Fragen geklärt sind, bleibt noch die Frage zu beantworten, wie das Testergebnis am Ende zu einer Eignungsaussage beitragen kann und soll. Hat man ein zu den festgelegten Anforderungen passendes Verfahren, ist man dem Ziel der erfolgreichen Personalauswahl ein gutes Stück nähergekommen.
In unserem nächsten Blogbeitrag der Reihe „Personalauswahl – so geht’s richtig“ widmen wir uns dem Thema Jobcrafting – wieder im Interview mit Bianca. Im weiteren Prozess befassen wir uns mit der Durchführung und Evaluation des Personalauswahlprozesses.