Ein Treffen auf Augenhöhe in Berlin
Am 26.2.2019 trafen in Berlin im Rahmen einer sogenannten „Dialogreise“ sieben Migrantendachorganisationen auf Bundesebene mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Bundesministerien und der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege zusammen. Das gemeinsame Ziel war es, auszuloten, wo es Chancen und Möglichkeiten für eine vertiefte Zusammenarbeit geben kann. Im Rahmen des Begleitvorhabens der Strukturförderung durch IMAP, Kienbaum und die Kommunikationsexpertin Prasanna Oommen hatten sich die Geschäftsführungen und Vorstände intensiv auf ein „Speeddating“ vorbereitet und präsentierten überzeugend ihre Alleinstellungsmerkmale und Themenportfolios. Ins Gespräch vertieft erläutern die Verbände und die Ministerien einander die jeweiligen Interessen und Anknüpfungspunkte. Alle zehn Minuten ertönt ein Gong, der eine weitere Rotationsrunde startet. Neue Gesprächspartner/innen schütteln Hände, tauschen Visitenkarten aus und beginnen ihre Kurzverabredung.
Eine Strukturförderung von Migrantenorganisationen auf Bundesebene?
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fördern ausgewählte Migrantendachorganisationen auf Bundesebene bis Ende 2020. Durch eine Professionalisierung ihrer Strukturen und eine Schärfung ihres Themenportfolios sollen diese zukünftig noch wichtigere Pfeiler der Integrationsarbeit werden und das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland positiv mitgestalten.
Martin Lauterbach, Gruppenleiter für Grundsatzfragen der Integration und Integrationsmaßnahmen des BAMF, brachte im Laufe der Veranstaltung dies auf den Punkt: „Es braucht Zugänge für Migrantenorganisationen zu Ministerien und Regelstrukturen, damit sie ihr Potential voll ausschöpfen, das Gemeinwesen mitgestalten und ihre Interessen vertreten können. Deswegen gibt es die Strukturförderung, deswegen gibt es die Dialogreise mit Bundesministerien und Bundesbehörden heute.“ Auch laut Keynotespeaker Prof. Dr. Armin Nassehi, Inhaber des Soziologielehrstuhls der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität, müssen die „Andockpunkte zwischen Migranten und verschiedenen Institutionen in der Gesellschaft zu Inklusionspunkten werden.“ Nur so könne Integration gelingen.
Neue Wege der Zusammenarbeit
Die anschließende Podiumsdiskussion befasste sich mit den Potenzialen der Zusammenarbeit von Migrantenorganisationen und Regelstrukturen. Dr. Juliane Rapp-Lücke, Leiterin des Referats „Rechtsangelegenheiten und Maßnahmen der Integration“ im BMI, machte deutlich: „Die Bereitschaft und der Wille zur Zusammenarbeit seitens der Bundesministerien wächst. Wichtig für die Förderfähigkeit und Unterstützung der Migrantendachverbände sind eine strategische Ausrichtung sowie professionelle Umsetzung von Projektvorhaben.“ Im Rahmen der Strukturförderung sind Strategie und Projektmanagement zwei von sieben Kompetenzdimensionen, in denen sich die Geschäftsführungen und Vorstände neu aufstellen. Bülent Arslan, Geschäftsführer von IMAP, ergänzte die Kompetenzerfordernisse durch eine weitere Beobachtung zur Arbeit vieler Migrantenorganisationen, diese sei überdurchschnittlich stark abhängig von einzelnen Personen, auch im Angesicht eines starken Nachwuchsmangels. „In ihrer Professionalisierung ist es deshalb wichtig, dass die Migrantenorganisationen nachhaltige Strukturen und Prozesse aufbauen.“ Um nachhaltige Verbandsstrukturen aufbauen zu können und wirksame Integrationsarbeit leisten zu können, sind die Verbände deshalb darauf angewiesen, breite Netzwerke aufzubauen. Das neue Verständnis der Zusammenarbeit mit Bundesministerien und anderen Bundesbehörden fasste die Bundesvorsitzende des Bundesnetzwerks TANG—„The African Network of Germany“, Dr. Sylvie Nantcha, im Namen der Verbände am Ende der Veranstaltung so zusammen: „Wir ergänzen die Arbeit vieler Bundesbehörden auf innovative und authentische Art und Weise. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe ermöglicht neue Perspektiven für die Integrationsarbeit.“ Auf dem Weg dahin ist jedoch von beiden Seiten noch viel zu leisten.
Die gesamte Stimmung der Veranstaltung zeigte eindeutig, dass sowohl bei den Verbänden als auch bei den Ministerien der Wille einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit besteht. Mit diesen positiven Stimmungen gehen alle Teilnehmenden auseinander, gespannt darauf, wie sich die Zusammenarbeit bis zur Wiederholung der Dialogreise im nächsten Jahr verändern wird.