„Wissen Sie, was Digitalisierung für Ihre Organisation genau bedeutet und was in Ihrer Organisation die nächsten Schritte in der Digitalisierung sein werden oder sein sollten?“-mit genau dieser Frage leitete das Moderationsduo IT-Experte Prof. Dr. Simon Rüsche (HS Bochum, IPN) und unser Organisationsentwickler Merlin Klein (IMAP) unser Webinar „Digitalisierung beginnt im Kopf und startet im Keller“ ein. Über die online Live-Umfrage „Live-Poll“ hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Einschätzung zu teilen. Die Auswertung zeigte: Die Bedeutung von Digitalisierung wurde von den Teilnehmenden sehr unterschiedlich wahrgenommen und auch über die nächsten Schritte herrschte eher weniger Klarheit. Umso mehr ein Grund sich zunächst einmal zu fragen, was Digitalisierung überhaupt bedeutet.
Digitalisierung – Was ist das überhaupt?
Aus Sicht von Organisationsentwickler Merlin Klein wird Digitalisierung oft falsch verstanden. Es wird angenommen, dass es um die Digitalisierung von Arbeitsmitteln geht. Dabei handelt es eigentlich um viel mehr: die digitale Transformation. Das betrifft die ganze Gesellschaft und die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren. Natürlich geht es auch um die Umstellung von analogen Daten auf digitale Daten, wodurch sich auch die Verarbeitbarkeit, die Geschwindigkeit und die Transparenz erhöhen. Durch die Entstehung von neuen Möglichkeiten, steigt gleichzeitig auch der Grad an Komplexität für das Individuum und die Gesellschaft. Digitalisierung erzeugt nicht nur eine ganz andere Umwelt für Organisationen, sondern auch neue Arten mit dieser Umwelt zu interagieren. Es entstehen Möglichkeiten aber auch Anforderungen, Geschäftsmodelle, Prozesse und Strukturen neu zu denken. Organisationen stellt das vor ganz neue Herausforderungen.
Welche Herausforderungen stellen sich?
IT-Experte Prof. Dr. Rüsche erinnerte daran, dass Digitalisierung nicht nur bedeutet, dass Endnutzer*innen mit digitalen Produkten umgehen können. Bevor alles funktioniert, müssen eine Reihe technischer Fragen beantwortet und umgesetzt werden: Welche IT-Infrastruktur wird benötigt? Was für regulatorische Anforderungen gibt es? Wie viele Lizenzen und Endgeräte werden gebraucht? Wo ist das Rechenzentrum und wer kümmert sich darum?
Und gleichzeitig stellen sich organisatorische Fragen: Welche Prozesse und Arbeitsaufgaben ändern sich durch digitale Veränderungen? Welche Strategie und welches längerfristige Ziel werden verfolgt, sodass mögliche Hürden auf dem Weg dorthin nicht als Sackgasse, sondern als Herausforderungen auf dem Weg zur Strategie wahrgenommen werden?
Bei so vielen Fragen und Herausforderungen, die mit der Digitalisierung verknüpft sind, stellt sich automatisch eine weitere Frage: Wo starten wir denn nun? In der Technik oder in der Organisation?
Wo starten wir?
Nach kurzer Betrachtung der Frage erinnert sie schnell an das Henne-Ei Problem. Die gute Nachricht: In diesem Fall haben IT-Experte Simon Rüsche und Organisationsentwickler Merlin einen Kompromiss finden können, der eine Lösung des Rätsels ermöglicht. Es braucht Parallelität. Ein zeitgleiches Starten der IT („im Keller“) und der Organisation/Strategie („im Kopf“) und zwar in parallelen Strängen.
Aus Organisations-Perspektive ist es wichtig, sich zu trauen, neu über die eigene Organisation und ihren Zweck nachzudenken. Man sollte sich der Frage stellen: „Warum gibt es die Organisation eigentlich? Was ist unser Zweck?“. Moderator Merlin Klein schilderte dies eindrücklich an einem Beispiel. In den 80ern wurde an der Schreibmaschine gearbeitet, dann mit einer elektrischen Schreibmaschine, dann mit Computern und jetzt (in der öffentlichen Verwaltung) mit einer E-Akte. Das mag nun den Anschein machen, dass es irgendwie gleichgeblieben ist, aber das ist nicht mit digitaler Transformation gemeint. Digitale Transformation stellt sich der strategischen Frage: „Muss das überhaupt noch so passieren?“. Im Kern muss sich eine Organisation also eine Grundsatzfrage stellen. Ist der Zweck meiner Organisation in einer sich digitalisierenden Welt weiterhin zukunftsfähig, sodass meine Organisation die Digitalisierung als Bewegung nutzt, das eigene Kerngeschäft zu stärken? Oder ist die Digitalisierung eine Chance für meine Organisation, neue Geschäfts- und Tätigkeitsfelder aufzubauen?
Auf der anderen Seite bedarf eine sinnvolle Digitalisierung auch eines technisch betrieblichen Unterbaus, der den Einsatz von neuen Prozessen und Werkzeugen erst ermöglicht. Eine solche leistungsfähige IT-Infrastruktur besteht in der Regel aus Rechenzentrum, Netzwerk und Systemen für die Nutzer*innen. Darüber hinaus müssen diese Systeme verfügbar sein, so dass auch der interne und/oder externe Betrieb bedacht, realistisch ausgestaltet und so auf ein stabiles Fundament gestellt werden muss.
Tipps aus der Praxis
Zum Abschluss gab das Moderationsduo den Teilnehmenden noch praxiserprobte Tipps für Digitalisierungsprojekte mit auf den Weg.
- Erfassung des IST-Standes. Es lohnt sich, mal einen halben bis ganzen Tag innezuhalten und sich über den aktuellen Stand der eigenen Organisation auszutauschen. Dabei sollten auch Entwicklungen berücksichtig werden. Wichtig ist vor allem eine branchenspezifische Sichtweise, da sich Entwicklungen in den unterschiedlichen Branchen auch unterscheiden.
- Look & Feel Tests. Um für einen reibungslosen Übergang bei Veränderungen zu sorgen, sind aus der IT-Perspektive schon während der Beschaffung und Implementierung neuer Technologien „Look & Feel“ Tests wichtig.
- Strategische Sicht auf das Projekt. Aus der Perspektive der Organisationsentwicklung lohnt sich der Blick in die Zukunft. Wie werden sich bestimmte Trends weiterentwickeln? Und (wie) kann unsere Organisation tatsächlich relevant bleiben?
- Organisationskultur nicht vergessen. Was löst bei den Mitarbeitenden meiner Organisation Begeisterung aus? Mitarbeitende wollen mitgenommen werden. Welche Chancen bietet ihnen das Digitalisierungsprojekt? Gleichzeitig gilt es auch mögliche Widerstände zu ergründen und mit diesen umzugehen.
- Quick-Wins schnell umsetzen. Welche Maßnahmen mit erkennbarem Effekt lassen sich schnell realisieren? Diese sogenannten Quick-Wins gilt es dann auch möglichst schnell umzusetzen.
Wir uns alle -wenn nicht schon geschehen- früher oder später dem Thema Digitalisierung stellen müssen. Bei all diesen Fragestellungen und Herausforderungen ist es unmöglich, alles auf einmal von Beginn an zu bewerkstelligen. Daher lohnt es sich einfach mal anzufangen. Was ist Ihr erster Schritt?
Webinar verpasst?
Unser Webinar „Digitalisierung beginnt im Kopf und startet im Keller“ ist Teil unserer Webinar-Reihe. Dort versorgen wir Sie mit Inhalten, die einen hohen Praxisbezug haben und sich an aktuellen Themen orientieren.
Um in Zukunft kein Webinar mehr zu verpassen, können Sie sich hier anmelden. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme