Durch die COVID-19 Pandemie und ihre Auswirkungen ist digitales Arbeiten zur Notwendigkeit geworden. Organisationen jeglicher Art sind plötzlich darauf angewiesen, virtuelle Formate einzusetzen. Während Gespräche und Meetings durch Chatprogramme, Video-Calls und Webkonferenzen ersetzt werden, steht im Hinblick auf Wissensvermittlung die Durchführung von Webinaren im Fokus. Schulungen, Seminare oder Workshops können damit digital durchgeführt werden. Aufgrund des geringen Ressourceneinsatzes, der zeitlichen Flexibilität und der niedrigschwelligen Umsetzung können Online Inputs in vielen Fällen auch langfristig eine sinnvolle Alternative zu aufwendigen Vor-Ort-Terminen darstellen.
Doch obwohl professionelle Webkonferenz-Tools durch zahlreiche technische Funktionen eine vielfältige methodische wie inhaltliche Gestaltung ermöglichen: Ein Seminar vor der Webcam unterscheidet sich in vielen Bereichen stark von einer Präsenzveranstaltung im Seminarraum. Bei IMAP gehören Online Inputs schon lange zu unserem Repertoire, sodass wir die besonderen Herausforderungen dieses Formats aus verschiedenen Projekten gut kennen. Damit auch Sie digitale Wissensvermittlung erfolgreich gestalten, möchten wir unsere Erfahrungen in der Konzeption und Umsetzung von Webinaren mit Ihnen teilen. Mit den folgenden 8 Tipps aus der Praxis kann (fast) nichts mehr schiefgehen:
Tipp 1: Technische Fragen vor dem Webinar ausräumen
Nicht alle Teilnehmenden werden gleichermaßen mit den technischen Details eines Webinars vertraut sein. Dies betrifft sowohl die technischen Voraussetzungen (z. B. benötigte Hardware und Software), als auch die Handhabung des genutzten Webkonferenz-Tools. Damit sich alle Beteiligten während des Online Inputs auf die Inhalte konzentrieren können und der Verlauf des Online Inputs nicht gestört wird, sollten alle technischen Fragen bereits im Vorfeld geklärt werden. Dies kann auf verschiedenen Wegen angepasst an die jeweilige individuelle Situation geschehen:
- Eine durchdachte Informationsweitergabe ist von zentraler Bedeutung: Die Teilnehmenden sollten früh genug alle relevanten technischen Details kennen. Hierzu können z. B. Textanleitungen oder Video-Tutorials versendet werden.
- Unsicherheiten bzgl. der Handhabung des genutzten Tools sollten frühzeitig ausgeräumt werden. Sie können beispielsweise einige Tage vor dem Online Input einen Vorab-Test mit den Teilnehmenden durchführen. Auftretende Schwierigkeiten können so noch vor dem offiziellen Termin gelöst werden.
- Alle Teilnehmenden sollten die Möglichkeit haben, in Ruhe im Online Input „anzukommen“, letzte technische Details zu klären und sich mit der Online-Umgebung vertraut zu machen. Dazu bietet es sich an, dass die Moderator*innen den virtuellen Seminarraum bereits 10 bis 30 Minuten vor dem offiziellen Beginn eröffnen und alle offenen Fragen beantworten.
Tipp 2: Klare Absprachen für eine gelungene Kommunikation
Was bei Vor-Ort-Seminaren selbstverständlich erscheint, kann in der neuen Online-Umgebung völlig unklar sein: Wie verhält man sich eigentlich während des Online Inputs?
Um den Teilnehmenden Orientierung zu bieten und einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen, sollten grundlegende Verabredungen zur gemeinsamen Kommunikation getroffen werden. Diese können bereits im Vorfeld an die Teilnehmenden übermittelt und zu Beginn des Webinars nochmal ins Bewusstsein geholt werden. Folgende Aspekte sollten beachtet werden:
- Das Mikrofon sollte abseits eigener Redebeiträge ausgeschaltet sein, um störende Nebengeräusche zu vermeiden.
- Die Kamera sollte nach Möglichkeit bei allen Teilnehmenden eingeschaltet sein. So können sich die Gruppenmitglieder gegenseitig sehen und lassen sich weniger leicht ablenken.
- Der Umgang mit technischen und inhaltlichen Fragen sollte festgelegt werden: Sollen diese in den öffentlichen Chat geschrieben werden? Wird den Teilnehmenden durch ein analoges bzw. bei vielen Tools auch virtuell mögliches „Handheben“ erteilt? Oder gibt es eine gesammelte Fragerunde? Die Formate können je nach Online Input unterschiedlich sein, wichtig ist, dass für die Teilnehmenden Klarheit herrscht.
Tipp 3: Unterschiede im Detail bewusst gestalten
Die Unterschiede zwischen Online Inputs und Präsenzseminaren äußern sich mitunter nur in Kleinigkeiten. Doch auch diese können über den Erfolg eines Online Inputs entscheiden. Hier gilt es, einen proaktiven Umgang damit zu finden:
- Berücksichtigen Sie beim Vortragen, dass Gestik und Mimik online weniger wirkungsvoll sind. Dies sollte jedoch nicht dazu führen, dass Sie Ihre Körpersprache vernachlässigen.
- Der Einsatz der Stimme gewinnt im digitalen Format dagegen an Bedeutung. Achten Sie bewusst auf Stimmlage, Tempo und Lautstärke, etwa indem Sie sich beim Vortragen hinstellen, um die Körperspannung zu erhöhen. Sprechpausen sollten vermieden werden: Was bei Präsenzterminen vielleicht der sprachlichen Betonung dient, kann online bei Teilnehmenden schnell die Sorge auslösen, dass ihre Internetverbindung unterbrochen sei.
- Insbesondere, wenn Sie sich in Ihren eigenen „vier Wänden“ aufhalten, kann es übertrieben wirken, wenn Sie Ihr Webinar in Anzug und Krawatte abhalten. Dennoch sollte ein angemessen professioneller Dresscode gewählt werden.
- Schaffen Sie zudem einen möglichst neutralen Hintergrund, in dem Sie gut zu erkennen sind. Wer zu dunkel erscheint, kann den Hintergrund gut ausleuchten, indem die Kamera vor einen Bildschirm mit weißem Hintergrund platziert wird.
Tipp 4: Nichts dem Zufall überlassen
Online Inputs sollten mindestens so gut vorbereitet, durchführt und nachbereitet werden wie Präsenztermine. Improvisation und schnelle Anpassungen sind im virtuellen Format häufig nur schwer möglich. Daher ist eine detaillierte Planung erforderlich. Hilfreich kann dabei z. B. ein „Regieplan“ sein, welcher Informationen zu den einzelnen Schritten enthält.
Um möglichst flexibel zu sein und den Teilnehmenden gerecht zu werden, bietet sich eine Moderation durch mindestens zwei Personen an. So kann z. B. ein*e Moderator*in den Fokus auf die Übermittlung der Inhalte richten, während die andere Person den öffentlichen Chat regelmäßig auf Nachfragen prüft. Indem das Online Webinar vorab geprobt wird, können die Abläufe innerhalb des Moderationsteams gefestigt und die inhaltliche Planung verfeinert werden.
Tipp 5: Interaktion mit den Teilnehmenden schaffen
Eine zentrale Herausforderung der digitalen Wissensvermittlung ist, dass die Teilnehmenden leichter abgelenkt werden. Um dies zu vermeiden, ist die Interaktion der Moderator*innen mit den Teilnehmenden von zentraler Bedeutung. Als Faustregel kann gelten: Um die Konzentration zu erhalten, sollten die Teilnehmenden mindestens alle sieben Minuten aktiv in am Online Input beteiligt werden. Dabei sind Ihrer Kreativität nur durch den Funktionsumfang Ihres genutzten Online-Tools Grenzen gesetzt. Interaktion kann auf vielen verschiedenen Wegen und mit unterschiedlicher Intensität ermöglicht werden:
- Beantwortung einer Fragestellung durch Beiträge im öffentlichen Chat
- Aufforderung zu Redebeiträgen per Mikrofon
- Durchführung einer kurzen Umfrage
- Aufforderung zu einem Austausch zu zweit im privaten Chat
- Bitte um Statusänderungen, wie z. B. „Daumen nach oben“ oder „Daumen nach unten“
- Nutzung einer Multi-User-Whiteboard-Funktion: Die Teilnehmenden zeichnen oder schreiben lassen
- Arbeit in Kleingruppen durch virtuelle Arbeitsräume
Tipp 6: Mit durchdachter Methodik überzeugen
Die Konzentration und Motivation der Teilnehmenden können auch durch eine spannende Gestaltung des Online Inputs aufrechterhalten werden. Bereits der Auftakt der Online-Veranstaltung ist in dieser Hinsicht wichtig: Halten Sie die Einführung sowie die Vorstellung der Moderator*innen kürzer, als sie es von Präsenzterminen gewohnt sind. Stattdessen können Sie zu Beginn gleich ein besonderes „Highlight“ am Ende des Online Inputs ankündigen. Da die Hemmschwelle, die Veranstaltung zu verlassen, in der virtuellen Seminarumgebung geringer ist, wecken Sie somit ggf. die nötige Neugierde, um bis zum Schluss teilzunehmen.
Darüber hinaus gilt es insbesondere, den theoretischen Input unterhaltsam zu gestalten. Dabei ist es hilfreich, die vorgetragenen Inhalte akustisch („Wie Sie hier sehen können…“) und visuell durch die Nutzung der Stiftfunktion zum Anzeigen und Zeichnen zu begleiten. Zudem können praxisnahe Erzählungen von (persönlichen) Geschichten eine wertvolle Ergänzung darstellen. Neben klassischen Monolog-Vorträgen können die Inhalte auch in Dialogform durch die beiden Moderator*innen vermittelt werden, indem z. B. eine Person die Inhalte präsentiert, während der*die Andere passende Nachfragen stellt.
Tipp 7: Die Präsentation in den Mittelpunkt stellen
Während die visuelle Gestaltung mittels Präsentation oder Flipcharts in einer Präsenzveranstaltung die vortragende Person lediglich im Hintergrund begleitet, steht diese im Online Input im Fokus der Aufmerksamkeit, da sie auf dem Bildschirm den größten Raum einnimmt. Investieren Sie deshalb genügend Zeit in die Erstellung einer Präsentation, damit diese grafisch und inhaltlich einen guten Eindruck hinterlässt. Setzen Sie dabei insbesondere auf Visualisierungen und verzichten Sie auf allzu lange Textbausteine. Darüber hinaus können Video- oder Audiosequenzen die Präsentation abwechslungsreicher gestalten. Im Anschluss an den Online Input kann eine gut gestaltete Präsentation als Grundlage für eine Dokumentation des Online Inputs dienen und an die Teilnehmenden versendet werden.
Tipp 8: „Weniger ist mehr“
Für Online Inputs empfiehlt sich ein anderes Zeitmanagement als bei Vor-Ort-Terminen. Um der geringeren Aufmerksamkeitsspanne und den höheren Anforderungen an Konzentration und Selbstdisziplin gerecht zu werden, sollte die gesamte Veranstaltung nicht länger als 90 bis 120 Minuten dauern. Einzelne theoretische Inputs sollten dabei innerhalb von maximal 15 Minuten vermittelt werden.
Bedenken Sie zudem, dass Sie für die Vermittlung von Inhalten im virtuellen Raum in der Regel mehr Zeit benötigen. Sie können sich an der 60:90-Regel orientieren: was bei Präsenzterminen 60 Minuten in Anspruch nimmt, benötigt digital etwa 90 Minuten Zeit. Anstelle eines längeren Online Inputs empfiehlt sich deshalb die Durchführung mehrerer kurzer Online-Veranstaltungen.
IMAP wünscht Ihnen mit diesen 8 Tipps aus der Praxis viel Erfolg bei der Gestaltung Ihrer eigenen Online Inputs. Bei Fragen zur didaktischen Gestaltung oder Umsetzung von Online Inputs unterstützen wir Sie gerne.
Kontakt: Marla Hinkenhuis, hinkenhuis@imap-institut.de