Ursachen für Organisationskrisen sind unterschiedlicher Art und doch haben alle Krisen eines gemeinsam: Sie beeinträchtigen die Stabilität einer Organisation. Der deutsche Ökonom Armin Töpfer versteht unter einer Organisationskrise „ungeplante und ungewollte Prozesse von begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit sowie mit ambivalentem Ausgang“. Um mit dieser turbulenten Phase einen gelingenden Umgang zu finden, ist eine durchdachte Krisenkommunikation zentral, meint unsere Kommunikationsmanagerin Silke Schulz. Wieso? Das erfahren Sie in diesem Blogpost.
Hallo Silke. Du hast dich intensiv mit dem Thema „Organisationskrisen“ beschäftigt. Was ist eigentlich das Wichtigste in einer Organisationskrise?
Das wichtigste Element für einen gelingenden Umgang mit Krisen besteht darin eine Strategie zu haben. Auch wenn Krisen nicht vorhersehbar sind, beginnt Krisenmanagement im Idealfall bereits vor der Krise: mit einem gut konzipierten Krisenhandbuch. So gilt es im ersten Schritt, ein gemeinsames Verständnis von Krisen zu definieren. Wann liegt eigentlich eine Krise vor? Ist bereits ein kritischer Zeitungsartikel eine Krise oder erst die durch die Organisation ausgelöste Umweltkatastrophe? Darüber hinaus ist es wichtig, dass Rollen und Verantwortlichkeiten für Krisenfälle klar definiert sind. Gerade in großen Organisationen ist es ratsam, das Krisenmanagement auf ein vorher festgelegtes, interdisziplinäres Team zu übertragen. Und Fragen wie, wer eigentlich der*die Hauptansprechpartner*in für Journalisten*innen ist und wer die Kommunikation auf welchen Kanälen übernimmt, sollten ebenfalls im Vorhinein bestimmt werden.
Worin genau liegt die Rolle der Kommunikation in der Krise?
In Krisensituationen ist Kommunikation essenziell, um als Organisation Klarheit nach Außen und Innen zu schaffen. Wichtig ist: Es sollte schnell und gleichzeitig besonnen gehandelt werden. Nach Außen gilt es das richtige Maß einer zügigen Bereitstellung relevanter Informationen zu finden. Das bedeutet, dass die Kommunikation auf das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Transparenz eingehen sollte, unter Berücksichtigung der Stärkung der Loyalität der Kunden, Dienstleister und Stakeholder. Darüber hinaus sollten geplante Maßnahmen publik gemacht werden, die zum Ziel haben, die Krise in den Griff zu bekommen, um so das Vertrauen der Öffentlichkeit in die eigene Krisenkompetenz zu stärken. Bei der gesamten Öffentlichkeitsarbeit ist dabei die sogenannte „One-Voice-Policy“ zu berücksichtigen, das heißt, dass auf allen Kommunikationskanälen vergleichbare Aussagen mit identischen Inhalten veröffentlicht werden. Verschiedene Botschaften auf unterschiedlichen Kanälen schaffen nicht nur Verwirrung, sondern mindern auch die Glaubwürdigkeit der Organisation.
Die Kommunikation nach Innen ist nicht minder bedeutsam, da Mitarbeitende häufig verunsichert sind. Eine transparente und kontinuierliche Kommunikation kann dem entgegenwirken. Entscheidend ist hier, dass die interne Kommunikation der der Öffentlichkeitsarbeit vorangeht. Geschieht das nicht, weil beispielweise Mitarbeitende über Internetbeiträge an Informationen gelangen, wird das Vertrauen in die Organisation und die Organisationsführung erschüttert. Eine schlechte, von Sorgen und Ängsten geprägte Stimmung unter den Mitarbeitenden ist vorprogrammiert.
Der Dialog mit den Mitarbeitenden sollte also früh beginnen. Kurze, klare Botschaften formulieren, neue Informationen zeitnah bereitstellen und alle Mitarbeitenden über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden halten, bilden den Kern der internen Kommunikation. Das heißt nicht, dass die Mitarbeitenden alle Fakten im Detail kennen müssen, aber zumindest die Informationen, die nach außen kommuniziert wurden, und vor allem solche, die sie persönlich betreffen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Kommunikation auch auf die Sorgen und Nöte der Mitarbeitende eingeht – eine mitfühlende und persönliche Videobotschaft ist genauso wichtig wie sachliches, geschriebenes Wort.
Bei IMAP bist Du bekannt dafür zu betonen, dass Probleme dornige Chancen sind. Haben Krisen aus deiner Sicht denn etwas Gutes für Organisationen?
Darauf gibt es keine Pauschalantwort, schließlich beschreiben Organisationskrisen oft herbe Einschnitte im Lebenszyklus einer Organisation. Daran hängen im Zweifelsfall individuelle Biografien, Arbeitsplätze etc. Nichtsdestotrotz treiben Krisen häufig auch Wandel voran, da sie zeigen, dass die bisherigen Strategien und Vorgehensweisen nicht mehr tragfähig sind und gerade in Notsituationen eine Veränderung dringlicher denn je ist. Das bietet Organisationen und Individuen die Möglichkeit, gestärkt und zukunftsfähig aus Krisen hervorzugehen. In anderen Kulturen ist die Haltung, dass jede Krise auch eine Chance bedeutet tief verwurzelt: So besteht zum Beispiel das chinesische Wort für „Krise“ aus zwei Schriftzeichen: Gefahr und Chance.
Die Inhalte des Interviews basieren auf dem Fachartikel „Wie Unternehmen mit wirksamer Kommunikation Krisen meistern“, den unsere Kommunikationsmanagerin Silke Schulz Ende vergangenen Jahres in der Fachzeitschrift Journal veröffentlich hat.