Im Rahmen des Projekts „Vielfaltsorientierung in hessischen Kommunen“, gefördert durch den Asyl-Migrations- und Integrationsfonds und das Land Hessen, haben unsere Berater*innen ein innovatives Konzept zur Ausbildung von Vielfaltsmanager*innen geschaffen.
Warum brauchen wir eigentlich Vielfaltsmanagement?
Das Thema Vielfalt wird in unserer Gesellschaft immer wichtiger. Chancen, die sich durch die wachsende Ideenvielfalt bieten, wollen genutzt werden. Kreativität braucht neue Räume. Gleichzeitig wachsen auch Herausforderungen: Mit der Vielfalt wächst die Heterogenität der Bedarfe und mehr Meinungsvielfalt birgt Potenzial für mehr Meinungsverschiedenheiten.
Damit sind auch unsere Kund*innen aus dem Bereich kommunaler Verwaltungen täglich konfrontiert und besonders jene, die sich mit viel Leidenschaft für ein gutes Miteinander, für Integration, Inklusion und Vielfalt einsetzen. Genauso aber zivilgesellschaftliche Akteur*innen, deren Engagement und deren Kontakte hinein in eben diese vielfältige Gesellschaft sogar unverzichtbar sind. Das Netz von Aktivitäten und Aktiven im Bereich der Vielfaltsarbeit ist an den meisten Orten organisch gewachsen und dezentral. Dadurch sind viele individuelle Insellösungen entstanden, allerdings fehlt vielerorts ein übergreifendes Netzwerk und ganzheitlicher Austausch, mit dem Synergieeffekte möglich würden.
Vielfalt ist heute das “neue Normal” und gibt Fragen wie den folgenden immer mehr Raum:
- Tun wir eigentlich genug, um Vielfalt wertzuschätzen und Chancen daraus zu entdecken?
- Ist unsere Gesellschaft stark genug, um so viel Unterschiedlichkeit auszuhalten?
- Müssen wir uns Sorgen machen und was können wir gegen bewusste und unbewusste Diskriminierung tun?
Darum gilt es zum einen, dass Kommunen Akteure zusammenzubringen und ganzheitliche Konzepte oder Strategien entwickeln. Und zum anderen gilt es, einzeln bestehende Akteure zu stärken und diese untereinander zu vernetzen, um Synergieeffekte freizusetzen. Im Rahmen des Projekts „Vielfaltsorientierung in hessischen Kommunen“ begleiten wir Kommunen mit frisch entwickelten kommunalen Integrations- und Vielfaltsstrategien bei der Umsetzung solcher, ganzheitlicher Ansätze. Und darüber hinaus nutzen wir den Projektrahmen, um auch kommunenübergreifende Zusammenarbeit zu beschleunigen. Dazu haben wir ein innovatives Pilotkonzept entwickelt: Eine Vielfaltsmanager*innenausbildung.
Was ist eine Vielfaltsmanager*innenausbildung?
Im Fokus dieser Fortbildung stehen Empowerment und Netzwerken. Konkret geht es um Aufbau von Knowhow, Kennenlernen von Methoden und Reflexion der eigenen Situation und des eigenen Einflussbereichs, um aus neuen Perspektiven neue Ideen zu generieren. Dabei lernen die Ausbildungsteilnehmenden voneinander und erschaffen für sich eine neue Community - kommunenübergreifend und organisationsübergreifend. Die gesamte Ausbildung setzt den Teilnehmenden keinen fertigen Baukasten für Vielfaltsmanagement vor, sondern legt nachhaltig den Grundstein für mehr Austausch, Lernen auf Augenhöhe durch die Peergruppe etc.
Der erste Durchgang: Aus der Theorie in die Praxis
Entsprechend dem Vernetzungsansatz kamen für den ersten Durchgang 15 ganz unterschiedliche Akteur*innen aus drei benachbarten Kommunen zusammen, die selbst eine divers aufgestellte Gruppe bildeten. Menschen mit ganz unterschiedlichen Biografien, Arbeitskontexten und Aufgabenfeldern aus Kommunalverwaltung und Zivilgesellschaft – somit war ein wichtiger Grundstein für die Schaffung eines neuen Netzwerks gelungen, das ein gemeinsames Interesse am Thema Vielfalt eint und aus Personen besteht, die wiederum als Multiplikator*innen Impulse zum Thema Vielfalt in ihre jeweiligen Organisationen und Kontexte weitertragen können.
Einen Blueprint für „Vielfaltsmanagement“ kann es nicht geben, denn ebenso vielfältig wie das Themenfeld an sich, sind auch die Herausforderungen, die Menschen im Kontext von Vielfalt beschäftigen. Genau dieser Aufgabe haben wir uns angenommen und einen Raum geschaffen, in dem ein offener Austausch über Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen im Kontext von Vielfaltsarbeit ermöglicht und die eigene Rolle reflektiert wurde.
Natürlich haben wir nicht nur Raum geschaffen, sondern auch – wie in herkömmlichen Vielfaltsmanager*innen-Ausbildungen - inhaltliche Impulse für den Austausch gesetzt. So gab es Themeninputs, z.B. zu Vielfaltsdimensionen, Unconscious Bias und die Gestaltung von Veränderungsprozessen sowie Übungen, z.B. zum Entdecken eigener unbewusster Vorurteile und zur Sensibilisierung für eigene Privilegien, und auch Reflexions- und Beratungsrunden, um aus neuen Perspektiven gewonnene Ideen in den eigenen Kontext zu übertragen. So wurden am Ende der Ausbildung kleinere und größere Pläne für die Zukunft geschmiedet: Während manche Teilnehmer*innen die Übungen im eigenen Kontext ausprobieren wollen, haben andere von den Erzählungen und Erfahrungen der anderen lernen und Ideen mitnehmen können.
Wir möchten an dieser Stelle den ersten Teilnehmer*innen danken, die sich mit uns auf diesen neuen Weg gemacht haben. Nicht nur, weil unser Konzept erst durch ihr Feedback reift und weiterentwickelt werden kann, denn vergleichbare Fortbildungen existieren bisher schlicht nicht. Sondern auch, weil der Erfahrungsaustausch der Teilnehmenden untereinander und die gegenseitige Beratung ein zentrales Element der Ausbildung ist. Ein Teilnehmer brachte das in der Schlussrunde des zweiten Ausbildungstages so auf den Punkt: „Es ist eine richtige, eigene Community entstanden.“
Was wir selbst gelernt haben und wie es weitergeht
Ein Pilotkonzept durchzuführen ist immer spannend – wir dürfen ausprobieren und sind besonders frei, auch spontan größere Elemente der Ausbildung komplett umzustellen. Das macht Spaß, ist aber auch nicht ganz einfach, denn natürlich können wir vorab nicht für jede mögliche Alternative vorplanen. Und am Ende tragen wir Verantwortung dafür, dass aus der Veranstaltung ein Mehrwert für alle entsteht und die Teilnehmenden zufrieden nach Hause gehen. Das Gelingen können wir nicht vorprogrammieren und vielleicht auch nicht jeder Vorab-Erwartung 100% gerecht werden. Um den Teilnehmenden gerecht zu werden ist uns wichtig, da ganz offen mit umzugehen und uns auch während der Ausbildungstage immer wieder Feedback einzuholen und dann auch darauf zu reagieren.
Beispielsweise haben wir am ersten Tag die Vielfalt innerhalb der Gruppe unterschätzt und darum am zweiten Tag Zeit für die systematische Erkundung der individuellen Einflussbereiche der Teilnehmenden genommen. Für zukünftige Durchgänge werden wir das selbstverständlich fest einplanen. Gelernt haben wir auch, dass für viele Teilnehmenden das Multiplikator*in sein eine große Rolle spielt. Diese Perspektive haben wir im ersten Durchgang bereits behandelt, wissen aber für die Zukunft, dass wir hier auch noch mehr in die Tiefe gehen könnten.
Im Januar 2021 findet ein digitales Follow-Up Treffen mit den Teilnehmenden des ersten Durchgangs statt und wir sind schon gespannt zu hören, was sich seit den beiden Ausbildungstagen im September bei ihnen getan hat. Und auch danach heißt es weiter: Stay tuned! Denn gleich im Februar startet der zweite Durchgang mit einer neuen Gruppe. Wir freuen uns schon darauf!
Sie haben Fragen? Rufen Sie Dr. Nina Lucia Stephan unter 0211-5136973-31 an oder kontaktieren Sie sie unter stephan@imap-institut.de.